Brigittenschloss-Sagen

Burgbau der Kinder

Warum entstand die Burg Hohenrode, von der aus sich ein herrlicher Ausblick über das Rheintal und die Berge der Umgebung eröffnet?

Der Sohn von der Burg Rodeck und die Tochter von der Burg Altwindeck hätten einst einander ehelichen wollen, erzählt man sich - es fiel ihnen aber schwer, sich von ihren Eltern zu trennen.
Ein besonderer Platz musste her, von dem aus man die elterlichen Burgen im Blick hatte.
Die Leute suchten im Gebirge, und mit viel Mühe fanden sie den heutigen Standort, an dem der Bau beginnen konnte.

Ein verderblicher Plan auf Hohenrode

Der letzte Ritter von Hohenrod heiratet die Tochter eines Edlen aus der Nachbarschaft namens Brigitte. Sie war schoen und tugendsam, hatte aber ihre Hand dem Ritter von Hohenrod nur aus Gehorsam gegenueber dem Willen ihres Vaters gegeben. Schott von Hohenrod besass ausser einer stattlichen Gestalt doch wenig einnehmendes. Er wusste mit dem Leben nichts anzufangen,darum griff er nach jedem Zeitverteib, und wie treulich auch Brigitt die Pflichten der Hausfrau zu erfuellen strebte, so wurden ihm ihre Gesellschaft doch bald langweilig.

Er mochte allmaehlich ein Jahr seit dem Trautage vergangen sein, und das Leben auf Hohenrod wurde immer truebsehliger. Da kam Frau Brigitte auf den Gedanken, eine junge Waise zu sich zu nehmen, die mit ihr verwandt war. Gertrud von Bosenstein, so hiess das Maedchen, war huebsch und munterer Gemuetsart. Sie spielte die Harfe und sang die Lieder, die Rudolf von Ens, Graf Hugo Montfort und andere Meister damals in lieblichen Weisen damals gedichtet hatten. Frau Brigitte dachte, es sei Pflicht, sich des verlassenen Edelfraeuleins anzunehmen und ausserdem hegte sie die Hoffnung, Gertrud werde durch ihren heiteren Sinn und ihr anmutiges Spiel den finsteren Ernst des Ritters bisweilen etwas mildern koennen.

So geschah es auch wirklich. Der Ritter sah bald freundlicher aus als gewoehnlich, blieb mehr zu Hause und konnte zuletzt nicht muede werden, die schoene Weise allerlei zu fragen und ihrem Harfenspiel und Gesang zuzuhoeren. Es dauerte jedoch nicht lange, so bemerkte Frau Brigitte, dass Ihr Eheherr dem Fraeulein mit mehr als gewoehnlichem Wohlwollen zugetan war. Da sie aber klug war und von samften Gemuet versuchte sie ihren Argwohn zu verbergen. Ja sie zeigte sich gegen ihren Gemahl und zu Gertrud noch gefaellige als vorher, denn sie hegte die Hoffnung beide dadurch zum Gefuehl des Unrechts zu bringen. Das Fraeulein war jedoch in den Kuensten der Buhlerei erfahrener, als man ihren Alter haette zutrauen sollen. Waehrend sie in Gegenwart von Brigitte sich wenig Zwang auflegte, blieb sie, wenn sie mit dem Ritter alleine war, kalt und sproede und sprach von Pflicht, Entsagung und der Haerte eines unwiderruflichen Schicksals, indes sie ihre Blicke und Bewegungen immer mehr anzufachen wussten.

Eines Tages besuchte Frau Brigitte eine kranke Frau in ein Waldhaus, denn es war ihre liebste Beschaeftigung, in den Wohnungen des Elends Trost und Hilfe zu bringen. Der Ritter benutzte ihre Abwesenheit und eilte zu Gertrud, die eben im Burggarten unter einer Linde sass und seine Annaeherung nicht bemerkt hatte. Als er ihren Namen rief, erschrak sie heftig und bedeckte ihre Augen mit beiden Haenden. Der Ritter starrte sie eine Weile an; finstere Gedanken bemaechtigten sich seiner. "Gertrud", sagte er endlich, "wuerdet ihr mir wohl eure Hand reichen, wenn Frau Brigitta vielleicht das Zeitliche segnen sollte "Ist sie krank?", fragte das Fraeulein und konnte die freudige Ueberraschung nicht ganz verbergen."Man stirbt wohl auch ohne Krankheit", brummte der Herr von Hohenrod.

Das Fraeulein gab den Anschein, als wisse sie den Sinn seiner Rede nicht zu deuten. So wiederholte der Ritter seine Frage: "wollt ihr mich zum Altare folgen, wenn - wenn.....? "Ja, ja", rief Gertrud, "nur lasst mich wissen, was ihr beginnt" Mit diesen Worten entfernte sich hastig.

Herr von Hohenrod hatte den Tod seiner Ehefrau beschlossen und schritt im Wahnsinn wilder Leidenschaft zur Ausfuehrung.

Eine Stunde von Hohenrod wohnte ein Einsiedler mit Namen Jonas. Er war zunaechst Soldat und dann Fuehrer einer Raeuberbande gewesen; dabei hatte er sich einiger Morde verdaechtig gemacht. Einst rettete er den Bischof von Strassburg das Leben; dieser wirkte ihm Sicherheit aus und baute ihm auf seine Bitte eine Klause und eine den heiligen San Antonius geweihte Kapelle. Hier lebte er nun seit zwanzig Jahren in strenger Bussuebungen. Viele Menschen ehrten ihn seiner Froemmigkeit wegen wie einen Heiligen, waehrend andere einer so ploetzlichen Sinnesaenderung nicht trauten und ihn der Scheinheiligkeit bezichtigten. Dieser Meinung war auch der Ritter von Hohenrod zugehtan, und er zweifelte keinen Augenblick, Bruder Jonas sei der rechte Mann fuer seine Absichten.

Er ging alsbald nach der Einsiedelei, wo er den Bruder eben in seinem Gaertchen beschaeftigt fand. Erst wollte der Ritter den Klausner ein wenig ausholen und ihn den Zweck seines Besuches allmaehlich erraten lassen. Bei der Verwirrung und Unruhe in seinem Inneren gelang ihm dies nur schlecht, und es blieb ihm zuletzt nichts uebrig, als seinen Anschlag dem Bruder mit unverbluemten Worten mitzuteieln.

Der Eremit sah in erst und forschend an. "Edler Herr", sagte er zuletzt, tut nichts, was Ihr spaeter bereuen werdet und seid gewiss, dass diese Leidenschaft nie zum Gluecke fuehrt. Mein Leben war freilich auch nicht rein; aber ich habe mich vom Unrecht abgewendet und suche meine Schuld durch Busse zu tilgen".

"Du bist ein listiger Fuchs", rief der Ritter, "aber mir machst Du kein Blendwerk vor. Ausserdem weisst Du jetzt mein Geheimniss: entweder Du bringst meine Frau zur ewigen Ruhe oder...", bei diesen Worten legte er die Hand an das Schwert.

Der Einsiedler schien nachzudenken." Wohlan, ich will tun nach Euren Begehren, aber Euer ist die Suende und Strafe!" Der Ritter eilte jetzt freudig nach Hause und und harrte des guenstigen Augenblicks zur Vollziehung der beschlossenen Tat.

Frau Brigitte hatte die Gewohnheit, an gewissen Tagen nach der Kapelle zu wahlfahren. Gewooehnlich liess sie sich von einer Magt begleiten, die ihr von der Vaeterlichen Burg nach Hohenrod gefolgt und sehr ergeben war. Eines Tags machte sie wieder die Wallfahrt, doch ohne ihre Begleitung, die diesmal von dem Ritter unter einem Vorwande zurueckgehalten wurde.

Als Frau Brigitte laenger als gewoehnlich ausblieb, zeigte der Herr von Hohenrode eine seltsame Unruhe. Nachdem der Abend hereingebrochen war, schickte er einen Knecht nach der Einsiedelei, um Erkundingungen einzuziehen. Dieser kam mit der Nachricht zurueck, die Edelfrau sei dort garnicht gesehen worden. Der Ritter erschrak bei dieser Nachricht; Brigittes Tod schien ihm nun gewiss. Aber obwohl er ihren Tod wollte und befohlen hatte, so packte ihn das boese Gewissen wegen diese gresslichen Tat. Bald gesellte sich noch die Furcht dazu, Brigitte koennte vielleich Argwohn gewchoepft haben und entflohen sein.

Am Abend des folgenden Tages erschien der Einsiedler auf der Burg und berichtete die Edelfrau sei ermordet im Wald gefunden worden. Da der Leichnahm gresslich verstuemmelt gewesen sei, habe er ihm mit Hilfe einiger Leute in die Kapelle gebracht und dort begraben. Der Ritter gab dem Eremiten eine goldenen Kette als Belohnung und verliess rasch das Zimmer.

Nach drei Monaten wurde die Trauer fuer Brigitte auf Hohenrod beendet und die Vermaehlung des Ritters mit Gertrud festgesetzt. Zum Hochzeitsfest wurden viele befreundete Familien eingeladen. Ein stattlicher Zug bewegte sich zur Burgkapelle, wo die Trauung vorsich gehen sollte. Auf die Frage des Priesters, ob jemand gegen diese Verbindung rechmaessige Einwendungen zu machen habe, vernahm man unter der versammelten Menge ein lautes "Ja". Darauf naeherte sich eine weisse verschleierte Gestalt langsam und feierlich wie eine Geistererscheinung dem Altare. Eine aengstliche Stille herrschte in der Kirche. Der Ritter und die Braut durchlief ein geheimnissvolles Grausen und beide erstarrten zu bleichen Mamoerbildern, als die Gestalt nun vor ihnen stand und den Schleier zrueckschlug: Es war die Brigitte. Die Umstehenden wichen scheu zurueck, denn sie waren ungewiss ob es die Edelfrau wirklich sei oder ihr Geist.

Sie war es aber wirklich. Der Einsiedler hatte sie von der Absicht ihres Gatten unterrichtet und mit ihr verabredet, sie einstweilen fuer tot auszugeben, um allen Gefahren und Nachstellungen zu entgehen. Brigitte hielt sich auf der Burg ihres Bruders verborgen bis zu diesem Tag. Jetzt aber,als der Ritter zu einer neuen Ehe schreiten wollte, hiehlt sie es fuer ihre Pflicht, eine unrechtmaessige Verbindung zu verhindern.

In dem Ritter erwachte gleichermassen die Stimme des Gewissens und die Furcht vor Schande und Strafe. Er uebergab Brigitte seine Burg und alle seine Gueter und verbarg sich in einem Kloster.

Das Edelfreulein verwschwand, ohne dass man je erfahren, wohin es sich begeben hatte. Frau Brigitte lebete in stiller kloesterlicher Abgeschiedenheit auf Hohenrod. Sie wurde zur Wohltaeterin aller Armen und Leidenden, denen sie Hilfe zuteil werden lassen konnte. Hohenrode erhielt von dieser Zeit an den Namen "Brigittenschloss".

Brigittes Höllenkunst

In uralten Zeiten habe das Schloss Hohenrode tiefer gestanden, an der Stelle, wo in Obersasbach das Landgut Aubach liegt. Edelfrau Brigitta sei eine Meisterin in allen höllischen Zauberkünsten gewesen und suchte die Umgegend mit Seuchen, Hagel, Insekten und anderen Plagen heim.

Als einst ein Gewitter die Ernte zerstörte, scharten sich die Bewohner der Dörfer und Höfe und zogen mit Sensen, Dreschflegeln, Heugabeln und Äxten Rache brüllend zur Burg. Dem zug voran wurde ein Kreuz getragen, das man aus einer Kirche geholt hatte.

Die Zugbrücke war hochgezogen, auf den Zinnen sah man graue Männlein, die Affen glichen, geschäftig hin und her rennen. Ein junger Mönch fachte den Mut der Männer an.

Die Nacht kam, Wachtfeuer loderten. Um Mitternacht sahen sie plötzlich auf dem Burgturm blaue Flämmchen tanzen. Gleich darauf war Brigitte zu sehen, mit einem Zauberstab, den sie nach allen vier Weltgegenden streckte. Es folgte eine Zauberformel und mit einem Knall, als wolle die Erde bersten, riss sich die mächtige Burg aus dem Grund und schwebte auf die höchste Bergspitze.

Entsetzen packte Mönch und Bauern - und die Zauberin warnte mit wütendem Ruf:
"Wenn ihr so vermessen seid, mich auch in meinem neuen Sitz zu beunruhigen, so werde ich eure Wohnungen im Rhein oder Bodensee versenken!"

Der ganze Haufen stob sodann in Panik auseinander und lange traute sich niemand auf den Berg.

Schreckgestalt im Gemäuer

Ein kleines Mädchen sammelte einst Erdbeeren und verirrte sich bis vor den Eingang der Burg Hohenrode, deren Mauern von dichtem Gebüsch umgeben waren.

Da sah es plötzlich eine schwarze, verschleierte Frauengestalt, die einen goldenen Schlüssel in der Hand hielt. Sie winkte dem Kind zu, mit in die Burg zu kommen. Es war offenbar der Geist der bösen Brigitte, der von dem unschuldigen Mädchen erlöst sein wollte.

Da packte das Mädchen ein Grausen. Es schrie vor Schrecken und rannte den Berg hinab.

So fand die geisternde Brigitte bis heute keine Erlösung und muss weiter im Gemäuer umgehen.

Schatz und Teufelshund

E Hondwerksbursch isch zuerne Frau uf dr Brommatt kumme un het bettelt. "Ich konn nur e Brotsupp gaewe, meh hab i selwer nit", het die Frau gsait. Der Hondwerksbursch ischdermit zfriede gsi un het die Supp gaesse.

Drno het er gsait, will die Frau e guetes Herz zeigt her, tät er si au belohne welle. Si soll mitem gih uns Kind mitnemme. R'het si on e Heel unterm Brigittenschloss gfihrt, die isch grad offe gsi. Drin isch Gold und Silwer huffenwiis gläge un e schwarzer Hund het die Schätze ghiet. Der Mon het zu der Frau gsait, si kinnt ruhig in d'Heel nii, der Hund taetere hit nix. Un si kinnt vun dene Schaetz nemme, was si wott.

Do hetr die arm Frau zuglongt un het von dem Gold mit beide Ärm gnomme. Druf isch si gschwind widder nus un het d'Tiir schnell zuegschlage. Vor luter Gold het si nix onders mehr gachtet.

Ufem Heimweg isch ere ufsmol kumme: Jemera! Wu ischs Kind! Sie isch on d'Heel zruck, awers Kind isch drinne und d'Diir zue gsi. Do isch se trurig gsi und het kei Freid on dem Gold ghet.

Noch eme Johr isch se widder zur Heele gonge. Un do isch d'Diir widder offe gschtonde un si het ihr Kind newe dem Gold un dem schwarze Hund sitze gsehne un es het gschpielt. Jetz het die Frau awer nit ufs Gold gluegt! Sie hets Kind on sich grisse un isch glicklich un voll Freid heim, will se ihr Kind widder ghet het.

Der Hund, sait mer, soll der Teifel gsi si.

Version für auswärtige

Einst kam ein Landstreicher zu einer Frau auf der Brandmatt und bat um ein Almosen. "Ich kann nur eine Brotsuppe geben, mehr habe ich selber nicht", sagte die Frau. Der Landstreicher war damit zufrieden.

Weil die Frau ein so gutes Herz gezeigt habe, wolle er sie belohnen. Er bat sie, mit ihm zu gehen und auch ihr Kind mitzunehmen und führte sie unter das Brigittenschloss zu einer Höhle. Darin lagen haufenweise Gold und Silber, ein großer, schwarzer Hund hütete den Schatz.

Die arme Frau griff mit beiden Händen zu. Schnell rannte sie aus der Höhle und schlug das Tor hinter sich zu. In ihrem Goldrausch achtete sie auf nichts mehr.

Auf dem Heimweg fiel ihr siedend heiß ein: "Himmel, mein Kind!" Sie eilte zurück, aber der Eingang war verschlossen. Da ging sie verzweifelt nach Hause.

Nach einem Jahr machte sie sich abermals auf den Weg zur Höhle. Tatsächlich stand die Tür wieder auf, ihr Kind saß neben dem pechschwarzen Hund und spielte. In Windeseile riss die liebende Mutter ihr Kind an sich und rannte heim.

Der schwarze Hund, so sagt man, das sei der Teufel gewesen.

Das Ende der Burg

Wie an der Entstehung der Burg, so knuepft sich auch an das Ende eine Sage von der Adelsfamilie der Rodecker und der Windecker.

Der letzte Ritter von Rodeck entfuehrte nach langem vergeblichen Werben das Burgfraeulein Brigitte von der Windeck. Deren Angehoerige zogen vor Hohenrode, wo die beiden Zuflucht genommen hatten und zerstoerten nach heftiger Fede diese Burg. Der Ritter kam dabei mit seiner Brigitte um, und beide wurden unter den rauchenden Truemmern begraben.